Einblicke in den Karlsruher Straßenstrich

Veröffentlicht von Dr. Ute Leidig am

Pressemitteilung, 4. September 2023

Einblicke in den Karlsruher Straßenstrich

Eine Nacht war Staatssekretärin Dr. Ute Leidig MdL Teil des Teams „Luise“.  Die Mitarbeiterinnen von Luise, einer Beratungsstelle für Prostituierte unter Trägerschaft des Diakonischen Werks Karlsruhe, sind jeden Montagabend von 22 Uhr bis 2 Uhr mit einem Kleinbus auf dem Karlsruher Straßenstrich unterwegs. Mit im Gepäck: Getränke, Kondome, Feuchttücher und vor allem ein offenes Ohr für die Themen, die die Prostituierten beschäftigen.

Und man kennt sich gut: Die Beraterinnen begleiten die Frauen teilweise seit mehreren Jahren, wissen über ihre persönliche Situation Bescheid und leisten Unterstützung. Ob in der Korrespondenz mit dem Finanzamt, bei der Vermittlung von Terminen zur medizinischen Beratung, bei der Wohnungssuche oder der Beantragung von Kindergeld. Auch das Thema Ausstieg aus der Prostitution und die Möglichkeit einer alternativen Tätigkeit kommen zur
Sprache. Für viele ein langer Weg mit vielen Hürden: Ohne Arbeitsbescheinigung keine Wohnung, ohne Wohnung keine Arbeitsbescheinigung.

Im Gespräch mit den Sexarbeiterinnen wurde deutlich: Seit Corona hat sich die Situation auf dem Karlsruher Straßenstrich verschärft. Krisensituationen führen auch bei den Prostituierten zu Umsatzrückgang, Preisdumping und damit finanziellen Einbußen. Mit insgesamt weniger Kunden gehen vermehrt unverschämte Forderungen einher: Viele Männer möchten die Leistungen ohne Kondom-Schutz in Anspruch nehmen. Verweigert eine Frau, wird es bei der nächsten versucht – bis man Erfolg hat.

Die örtlichen Gegebenheiten erschweren die Arbeit der Frauen zusätzlich: Keine Toiletten zur Verrichtung der Notdurft, keine Waschgelegenheit und teilweise nicht ausreichend Mülleimer. „Das ist menschenunwürdig“, stellt Dr. Leidig fest. Insbesondere jetzt, wenn die Nächte wieder länger und kälter werden, sehnen sich die Frauen nach Möglichkeiten zum Verweilen und Aufwärmen in den Arbeitspausen. Zusätzlich wünschen Sie sich Kondom- und Getränkeautomaten. 

Daneben stellt insbesondere die häufig fehlende Krankenversicherung ein Problem dar. Mangels klassischen Arbeitsverhältnisses erfolgt keine Versicherung über eine*n Arbeitgeber*in, für die freiwillige Krankenversicherung fehlt den Frauen oft das Geld, das Wissen oder die Versicherungsträger nehmen die Frauen wegen fehlender Vorversicherungszeiten nicht auf.

„Auf Landesebene starten wir gerade eine Projektförderung, um Menschen ohne Krankenversicherung niedrigschwellig medizinische Versorgung zu ermöglichen“, erklärt die Staatssekretärin für Soziales Dr. Leidig. „Dabei sollen Erkenntnisse gewonnen werden, wie diesen Menschen der Zugang zur Krankenversicherung ermöglicht werden kann. In der
Prostitution tätige Personen gehören explizit zur Adressatengruppe. Derzeit läuft der Förderaufruf des Sozialministeriums, ab November dieses Jahres werden die ersten Projekte gefördert.“

Die Gespräche aus dieser Nacht würden sie noch lange beschäftigen, so Leidig. „Es bleibt viel zu tun!“

Dr. Ute Leidig MdL
Haus der Abgeordneten
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70173 Stuttgart

Tel. (0711) 2063 – 6640

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